- Portfolio / Fotograf Olli Gräf
- 2024-09-20T12:48:33+02:00
- 2024-09-20T12:48:33+02:00
Bei meinen Städtereisen suche ich interessante und außergewöhnliche Frauen für ein paar Portrait Fotos.
Diesmal bin ich mit der fantastischen Fanny in Dresden um den Block gezogen.
Orte, an denen Menschen leben – das sind immer auch Orte, denen Menschen Leben geben. Und dieses Leben drückt jedem Ort seinen ganz eigenen Stempel auf. Das gilt auch für Weltstädte wie Lissabon.
Sich von der Masse digitaler fotografischer Beliebigkeit abheben, ohne dabei die Bodenhaftung zu verlieren, dass ist das Anliegen vieler ambitionierter Fotografen.
Einfach anders fotografieren - leicht gesagt, aber wie umgesetzt?
Besonders groß wird diese Herausforderung dann, wenn sich spektakuläre Ansichten einer Weltstadt förmlich aufzudrängen scheinen. Paläste, Museen, Kirchbauten, Statuen. Hier gilt es, der Versuchung zu widerstehen und einen eigenen Standpunkt einzunehmen, ganz persönliche und dennoch für den Betrachter fesselnde Anblicke fotografisch einzufangen.
Weltstädte von New York bis London, von Paris bis Hongkong oder Shanghai sind mehr als glitzernde Fassade – hinter dem grellen Makeup wartet ihre menschengemachte Seele darauf, entdeckt zu werden.
Eine andere Sicht auf die vielen Facetten einer Stadt wie Lissabon, die charmante Schönheit am Ufer des Tejo – andere Ansichten davon, was Fotografie kann und darf, individuelle An-Sichten. Ein solches Anliegen kann auf ganz unterschiedliche Weise dem eigenen Tun am Auslöser einen roten Faden verleihen.
Mal ist es ein monumentales Zweckbauwerk wie eine Brücke, die sich auch ungefragt immer wieder ins Bild drängt. Aus unterschiedlichen Blickwinkeln betrachtet verliert sie plötzlich viel von ihrem glatten, beliebigen Äußeren. Mal ist es ein bewusstes Abweichen von der typisch menschlichen, horizontalen Sicht auf das, was uns umgibt – warum nicht einmal die Welt aus der Perspektive einer Blume betrachten, die staunend ihre Blüte dem Himmel zuwendet? Was würde sie sehen? Glatte Häuserfassaden, Mandarinenbäume, Flugzeuge? Anders wird die Sicht auch durch kreatives Doppelt-Sehen, indem Spiegelungen in die Gestaltung eingebunden werden.
Im Großen wie im Kleinen verlieren Fotografien aus dieser Anders-Sicht ihre einschränkende Zweidimensionalität und verleihen dem Motiv jenseits bloßer Technik mehr Tiefe, Schärfe und Inhalt.
Anders fotografieren, eine andere Sichtweise einnehmen. Anders sehen. Anders sein.
Im Rahmen der Aktion "Eine Leica Monochrom auf Reisen" von Foto-Görlitz war ich einer der glücklichen Teilnehmern und war mit einer Monochrom 1 Woche in Hong Kong. Daraus ist mein Buch "Hong Kong Monochrom - a different view" entstanden.
Das Buch ist ab sofort in meinem Shop erhältlich.
Hong Kong entzieht sich mehr noch als andere Weltstädte jeder griffigen Beschreibung.
Weder bloße Zahlen, Daten, Fakten noch die üblichen Hochglanz-Zuschreibungen – faszinierende, glitzernde Metropole an der Mündung des Perlflusses – erfassen die wahre Bedeutung dieser Stadt.
Bewohnt von über 7 Millionen Menschen überwiegend kantonchinesischer Abstammung – und dennoch historisch auch westlich geprägt.
Von der Volksrepublik China nur einen Steinwurf weit entfernt – und doch liegen Welten dazwischen.
Hier prallt liberale auf gelenkte Marktwirtschaft, stehen sich ein streng autoritäres Regime und der unbeirrbare Wunsch, das starke Verlangen nach Demokratie wohl unversöhnlich gegenüber.
Diese und viele andere Gegensätze auf kleinstem Raum sind es wohl, die Hongkong so einzigartig machen.
Hinter der glitzernden Skyline und der boomenden Wirtschaft findet die Kamera die Armut der Cage People und ein traditionell asiatisches Straßenleben. Enge, Lärm und Schmutz einer der am dichtesten besiedelten Regionen der Welt drängen sich auf, doch dann öffnen sich schmutziggraue Häuserschluchten und geben den Blick frei auf das satte Grün der umliegenden Hügel.
So eng, so bedrängt geht es hier zu, dass das Auge automatisch die Fassaden entlang nach oben sucht, um wenigstens ein Stückchen Himmel zu erhaschen.
Dabei drängen sich mal chaotische, verwirrende, dann wieder streng geometrische, geordnete Strukturen der Architektur auf.
Dieselbe Vielfalt findet sich
in der Bevölkerung - es ist Platz für alle, für jeden, denn auch Toleranz und ein gutes Miteinander der Religionen und Kulturen sind typisch für Hongkong.
Eine Weltstadt, wo das Banale und das Besondere wohl so nahe beieinander liegen wie nirgendwo sonst – doch um dies zu entdecken und einzufangen braucht es den Blick eines Fotografen, der um das sprudelnde Leben hinter den Kulissen weiß und sich nicht mit Fassaden zufrieden gibt.
Und es braucht vielleicht auch eine besondere Form der Fotografie: Schwarzweiß wird das Bild inhaltlich auf das Wesentliche reduziert.
Nichts lenkt mehr ab, fast schon altmodisch fordert das Motiv den Betrachter auf, wirklich hinzuschauen.
Glamour und Glitzer haben im starken Kontrast von Schwarz und Weiß keine Chance – nur im besten Sinne farblos entwickeln die Bilder ihre innere Stärke.
Die Leica Monochrom verlangt noch genaueres Hinsehen, aber auch ein Vorausschauen, Abwarten und Sich-Einlassen,
damit in der Reduzierung das sprudelnde Leben authentisch abgebildet werden kann.
A different view, punktgenau auf die Spitze getrieben.
Galerie KM9 Trier | Dein Kunstraum - Trier
Rheinland-Pfalz / Germany / Europe
Fotoausstellung der Galerie "KM9 Trier | Dein Kunstraum"
"Blick eines Fremden" - Hong Kong vs. Tokyo
Sichtweisen 2er Fotografen (Oliver Gräf und Nenad Hudek) auf 2 Städte: Hong Kong und Tokyo
Ausstellung vom 2.9. - 1.10. - Vernissage 2.9., Finissage 1.10.
Starke Fotos erzählen starke Geschichten – und zwar vom ersten Augenblick an.
Deswegen ist Fotografieren meine Leidenschaft, deswegen fühlt sich dieser Job für mich nicht wie Arbeit an - und deswegen gibt es bei mir auch keine typischen Shootings.
Menschen zu fotografieren ist gleichzeitig eine große Herausforderung und ein großer Spaß, denn jeder Mensch ist einzigartig. Mit Standardposen und dem ständigen Blick auf die Uhr werden wir Deine Geschichte nur schwer zeigen können. Aber so läuft das bei mir auch nicht.